Um es kurz zu machen: Es wird gut ausgehen. Isabelle und Jacob werden an Erfahrung gewinnen. Sara und Dave bekommen ein neues Zuhause und damit die Chance auf ein neues Leben und die Schülerinnen und Schüler, so zumindest die Hoffnung der Autorin Katharina Hacker, ihr Abitur. Dass der Titel  für „Die Habenichtse“ eine eher falsche Entscheidung war, gibt Katharina Hacker gerne zu. Aber auch, dass es die Sprache ist, der sie sich verpflichtet fühlt und dass damit der Text eine Eigendynamik erhält, der auch die Autorin selbst fasziniert. Schreiben ist eben nicht berechenbar.

Ihre Intention, wenn davon gesprochen werden kann, besteht darin, die Falschheit aufzuzeigen, in der wir alle uns befinden. Wie kann es sein, so die Autorin, dass eine Mehrheit sich von einer Minderheit so beeinflussen lässt, dass sie sich in sinnlose Unternehmungen wie Krieg, Zerstörung oder Gewalt verstrickt? Die politischen Ereignisse wie 911 oder der Irakkrieg, die Anschläge in Israel, die Kriege weltweit, sind in ihrer Tragik nicht zu verstehen oder nachvollziehbar. Was haben wir aber aus Not und Elend, Krieg und Zerstörung gelernt?

Es gehe also um eine doppelte Lesart, das ist das entscheidende Moment, das sich aus der Dichterlesung mit Katharina Hacker über Die Habenichtse ergab. Wir schauen weg, obwohl wir hinschauen sollten. Wir lassen Gewalt zu, ohne ihr angemessen zu begegnen. Warum? Das ist die entscheidende Frage, die sich Katharina Hacker und damit auch den Lesern Ihres Buches stellt. Und das ist auch der Kontrapunkt, der ihre Lesung in Ettlingen begleitete. Neben jenen der Wilhelm-Röpke-Schule waren auch Schülerinnen und Schüler aus mehreren Karlsruher Schulen sowie von der HLA in Bühl zu Gast. Mehr als 150 Schülerinnen und Schüler lauschten einer zeitgenössischen Autorin und beförderten damit ihre Vorbereitung auf das Abitur. Stück für Stück konnte so die schwierige Lektüre der Habenichtse aus der Sicht der Autorin nähergebracht werden.

Katharina Hacker zog ihr Publikum mit ihrer unkomplizierten Art schnell in ihren Bann. Nachdem sie rund 45 Minuten aus ihrem Buch gelesen hatte, ging sie auf Fragen ein. Fragen zu den politischen Hintergründen oder zu ihren Romanfiguren beantwortete sie klar und offen. Sie legte ihre Beweggründe dar, warum das Buch so geworden ist, wie es vorliegt. Dabei erwähnte sie, dass einige Figuren „falsch“ aufgefasst wurden und auch einiges überinterpretiert sei, was nicht in ihrer Intention lag. Zum Beispiel ist der Fuchs, der der Protagonistin in der Stadt über den Weg läuft, einfach nur ein Fuchs, der jemandem in einer Stadt über den Weg läuft.

Sie beschreibt auch ihre Verbindung zu Sara, einer Figur, zu der sie sehr leicht Zugang fand. Es gab ein unmittelbares Gefühl für Sara, das von innen kam. Die Figur Isabelle hingegen gestaltete sich schwierig und entzog sich der Autorin immer wieder.

Alles in allem machte es Katharina Hacker sichtlich Freude, vor einem Publikum aus Schülerinnen und Schülern zu lesen, deren Neugier und Kritik sie als Herausforderung und Ansporn empfand. Auch die Nervosität der Zuhörer legte sich schnell, sodass es für alle ein äußerst unterhaltsamer, amüsanter aber vor allem informativer und lehrreicher Nachmittag wurde. Die Qualität der Fragen der Abiturientinnen und Abiturienten trug dazu bei, eine gute gemeinsame Diskussionsgrundlage zu schaffen.

Beide Seiten, Schüler und Lehrer, werden an diesem Nachmittag etwas gewonnen haben, vor allem aber ein Bedürfnis nach weiterer Diskussion über ein Buch, das sich zunächst querlegt, bevor es nach und nach seine Absichten offenbart. Die Habenichtse ist keine einfache Lektüre, sondern eine, die schwer wiegt, die verstören kann, die die Welt beschreibt, wie sie auch ist, manchmal ohne Ausweg, manchmal mit Hoffnung. Dennoch, wie Katharina Hacker sagte: „Es wird alles besser …“

Wolfram Frietsch, Wilhelm-Röpke-Schule Ettlingen